Wachsende Lichtverschmutzung
Bei Umweltverschmutzung denkt man an verpestete Luft, verseuchtes Wasser und vergiftetet Böden. Aber auch zu viel Licht in der Nacht hat gravierende Auswirkungen auf das Ökosystem. Die wachsende Lichtverschmutzung stört unseren Tag-Nacht-Rhythmus und Sternbeobachtungen. Der Lichtsmog beeinträchtigt unseren Biorhythmus und Ökosysteme. Ohne Beobachtungen des Sternenhimmels wäre die Schifffahrt und die Entdeckung von neuen Kontinenten nicht möglich gewesen. Naturvölker haben sich nach den Sternen orientiert, ihre Zeit und ihren Kalender danach ausgerichtet. Aufgrund der Modernisierung und Technik hat unsere Gesellschaft verlernt, die Natur zu beobachten. Wir sind kaum auf die Sterne angewiesen. Verkehrsmittel oder ein Navigationsgerät bringen uns nach Hause. Was aber bedeutet eine hell erleuchtete Stadt für Menschen, Tiere und Pflanzen?

Tiere durch Licht in der Nacht irritiert


Zu viel Licht in der Nacht beeinträchtigt vor allem nachtaktive Tiere sehr. Nachtfalter und Glühwürmchen zum Beispiel brauchen die Dunkelheit zur Fortpflanzung und Nahrungssuche. Viele Zugvögel fliegen in der Nacht. Ist es zu hell, verlieren sie die Orientierung und kollidieren mit beleuchteten hohen Objekten. Vor allem bei schlechten Sichtverhälnissen wie Nebel oder Regen kann es zu Kollisionen mit Lichtinstallationen kommen. Vögel nutzen nämlich nicht nur das Erdmagnetfeld als Kompass. Auch der Sternenhimmel zeigt ihnen den Weg. Auf diese Weise kommen jedes Jahr tausende von Zugvögeln ums Leben.
Rund 30 Prozent der Wirbeltiere und 60 Prozent der wirbellosen Tiere sind nachtaktiv. Tagaktive Tiere werden in ihrer Nachtruhe gestört, nachtaktive beim Beutefang. Vor allem Insekten sind durch Lichtsmog stark gefährdet. Zirka 85 Prozent aller Tierarten sind Insekten. Davon sind 85% in Österreich Schmetterlinge. Viele Insekten erfüllen eine Schlüsselfunktion im Ökosystem. Sie bestäuben Pflanzen und dienen als Nahrung für andere Tiere. Die wachsenden Lichtverschmutzung verursacht einen Rückgang des Artenreichtums und der Populationszahlen einiger Insekten. Auch die Sterblichkeitsrate unserer Wildtiere im Wald steigt. Rotwild verfällt im Winter in eine sogenannte "tägliche Starre", um Energie zu sparen. Beleuchtete Skipisten und Lärm können diese Ruhe stören. Das Wild wird durch erhöhten Energiebedarf geschwächt und kann sogar sterben.
Menschen leiden unter Schlafstörungen
Die wachsende Lichtverschmutzung stört den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen. Es wird weniger des stresshemmenden Melatonin Hormons ausgeschüttet. Die Zirbeldrüse in unserem Gehirn steuert die Melatoninausschüttung. Fällt Licht über die Netzhaut ins Auge, wird diese gestoppt. Bei Dunkelheit wird das Wachstumshormon Somatotropin ausgeschüttet. Zellsysteme werden erneuert und Stresshormone reduziert. Der Blutdruck wird verringert und das Herz geschützt. Daher kommen wohl auch die Bezeichnungen "gesunder Schlaf" und "Schönheitsschlaf". Anti-Aging passiert ebenfalls gesteuert von Melatonin in der Nacht. Ist der Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen gestört, sind Schlafstörungen und andere gesundheitliche Probleme die Folge. Einige Patienten nehmen Melatonin bereits als Medikament, um schlafen zu können.

Die Natur als Zufluchtsort
Immer mehr Menschen leiden unter der Hektik und Reizüberflutung des Alltags. Depressionen und Burn Out sind Begleiterscheinungen. Wo aber finden wir Ruhe, Ausgleich und die Möglichkeit zu uns selbst zu finden? Oft ist die Natur die Antwort. Rucksack packen, Wanderschuhe anziehen und hinaus auf den Berg oder in den Wald. Raus aus der Stadt, sich selbst spüren, schauen, lauschen, riechen. Und endlich kommt man wieder auf die Idee, einen Blick in den Nachthimmel zu werfen. Wann hast Du das letzte Mal den "großen Wagen" oder Cassiopeia gesehen? Und siehe da, ist man weit genug von all dem Trubel entfernt, kann man plötzlich wieder Sterne sehen. Sie sind noch da.

Pflanzen glauben es ist Frühling
Sogar Pflanzen leiden unter künstlichem Licht. Beleuchtete Bäume in der Stadt, in Alleen oder Parks sehen hübsch aus. Der Mensch fühlt sich bei Licht sicherer, aber das Licht schadet den Pfanzen und den darin lebenden Tieren. Auch Pfanzen orientieren sich am Tag-Nacht-Rhythmus. Sind die Tage kürzer werden zum Beispiel Knospen für das kommende Frühjahr gebildet. Unter künstlicher Beleuchtung werfen Bäume später ihre Blätter ab. Es kann zu Frostschäden kommen. Die Bäume reagieren empfindlicher auf bodennahes Ozon und sind anfälliger für Krankheiten.
Engergieverschwendung
Die österreichische Hauptstadt Wien zum Beispiel ist nachts so hell erleuchtet, dass man den Lichtschein sogar noch in St. Pölten sehen kann. Die Luftlinie zwischen den beiden Städten beträgt zirka 55 Kilometer. Laut einer Studie der Kuffner Sternwarte stecken in diesem Lichtschein bis zu 500 Gigawattstunden Energie. Das entspricht bei einem Strompreis von 20 cent pro Kilowattstunde etwa 100 Millionen Euro pro Jahr.
Lichtermeer auf der Weltkarte
Satellitenaufnahmen zeigen wie hell unsere Erde bei Nacht beleuchtet ist. Die wachsende Lichtverschmutzung ist gut zu erkennen.Bereits 2016 lebten 80% der Weltbevölkerung unter Lichtsmog. In Europa und den USA waren es sogar 99%. Nur noch in wenigen Ländern wie Norwegen, Schweden, Schottland, Spanien und eingigen Teilen Österreichs gibt es Flecken von denen aus man den Sternenhimmel beobachten kann.
Bortle Dark Sky Scale
Nach 50 Jahren Beobachtung hat John E. Bortle im Jahr 2001 im Sky & Telescope Magazin eine Skala zur Bewertung der Helligkeit des Nachthimmels veröffentlicht. Er klassifiziert in 9 Stufen, wobei 1 der dunkelste Nachthimmel ist. Das Zentrum vieler großer Städte wie Moskau, London, Berlin und Amsterdam ist weiß, Klasse 8-9. Ganz Belgien ist rot, Klasse 5. Österreich und die Schweiz liegen zwischen Klasse 2 und 3. In Deutschland sind viele Bereiche gelb, unterbrochen von roten Flecken. Die Lichtimissionen bewegen sich zwischen 4 und 7 auf der Bortle Skala. Große graue Bereiche sind in Afrika, Australien, der Mongolei und teilweise in Südamerika zu sehen. Hier ist es nachts noch dunkel.
Mit ein Grund für den laufenden Anstieg des Lichtsmogs ist der vermehrte Einsatz von LED-Leuchtmitteln. Diese scheinen heller als das gelbe Licht. Außerdem ist das blaue, kalte Licht der LEDS noch schädlicher für den Menschen. Dieses Licht, wie es auch in Leuchtreklamen, Fernsehgeräten, Handies und Laptops zu finden ist, hält uns wach.
Initiativen wie "Dark Sky" engagieren sich für den Schutz von Regionen, in denen es noch Finsternis gibt. Hier sollen Ökosysteme ungestört und Sternbeobachtungen möglich bleiben. Auch die Vereinigung der Sternfreunde in Deutschland ist um Aufklärung und Verbesserung der Situation bemüht. Leider gibt es kaum gesetzlichen Beschränkungen für Lichtimmissionen. Dabei ließe sich ein Großteil des Lichtsmogs vermeiden. Schlecht konzipierte oder installierte Lichtquellen führen zu unnötigem Streulicht.
Wozu brauchen wir Licht in der Nacht?
Mit ein Grund warum Menschen ihre Häuser nachts beleuchten ist die Angst vor Einbrechern. Studien zeigen aber, dass Aussenbeleuchtung kaum vor Einbrüchen schützt. Diebe werden primär dadurch abgeschreckt, dass sie glauben, dass jemand zu Hause ist. Weiters haben Alarmanlagen und sichtbare Überwachungskameras einen positiven Effekt. Die Notwendigkeit von Strassenbeleuchtung wird diskutiert. Das menschliche Auge gewöhnt sich an die Dunkelheit und wird durch plötzliches oder zu grelles Licht irritiert. Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge, Ampeln und Werbetafeln lenken von der Sicht auf die dunkle Strasse ab. Unbeleuchtete Verkehrsteilnehmer oder Tiere können übersehen werden. Die Sicherheit auf der Strasse und vor Kriminalität ist also kein Argument für die wachsende Lichtverschmutzung.
Beitragen zu weniger Licht
In großen Städten sind es meist Industrieanlagen, Masten, Werbetafeln und Einkaufsstraßen die nachts hell erleuchtet sind. Dem können nur gesetzliche Regelungen entgegenwirken. Aber jeder, der Haus und Garten besitzt, kann auch seinen Beitrag leisten, um die wachsende Lichtverschmutzung zu reduzieren.
- nur Wege und Hauseingang beleuchten
- keine Bäume oder den Garten beleuchten
- Beleuchtung mit Bewegungsmelder
- Full-Cut-Off Lampen, die nur nach unten leuchten, benutzen
- Verzicht auf UV-Insektenfallen, weniger als 2% der getöteten Insekten sind Gelsen bzw. Stechmücken









